An diesem Abend werden im Konzert dem bekanntesten Werk Antonio Vivaldis, den Vier Jahreszeiten, die Vier Jahreszeiten von Buenos Aires Astor Piazollas entgegengestellt, und damit ergeben sich: Acht Jahreszeiten. Nicht nur geographisch wird damit ein unterschiedliches Werk gespielt, sondern auch historisch; liegen doch mehr als zweihundert Jahre zwischen diesen Kompositionen.
Zuerst wird nun Vivaldis Werk die Vier Jahreszeiten erklingen, welches im Jahre 1725 veröffentlicht wurde. Nach dem Titel werden in den vier Violinkonzerten die Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter vertont. Mit diesem Thema wird dem Zuhörer geradezu ein aussermusikalisches Programm vorgeschlagen. Solche Konzerte laden in ihrer Assoziationsvielfalt zu unterschiedlichen Naturzuständen ein: Winde, Stürme, Gewitter und Vogelstimmen als Onomatopoesie. Die jeweils dreisätzigen Violinkonzerte spiegeln ihrerseits auch Vivaldis Opern wider, da der zweite Satz als Arie erklingt. Ansonsten wird gerade die Liedform beispielsweise im Herbst mit einem bäuerlichen Trinklied benutzt, welches in die unterschiedlichen Tonarten transponiert wird. Der Schlusssatz dieses Konzerts erscheint als Caccia, als Jagd, welche mit einer anschliessenden Fuge verbunden wird. Schliesslich lädt der Winter durch unterschiedliche Spielweisen der Geiger, wie Pizzicato zu weiteren atmosphärischen Vorstellungen ein.
Im zweiten Teil folgen Astor Piazzollas Vier Jahreszeiten von Buenos Aires, beziehungsweise die Cuatro Estaciones Porteñas. Der berühmte argentinische Bandoneonist und Komponist war der Begründer des Tango Nuevo, einer Weiterentwicklung des traditionellen Tangos in Argentinien. Anstatt zum Tanzen scheint der Tango Nuevo aber eher zum kontemplativen Zuhören geeignet zu sein. Die vier unterschiedlichen Teile der Tango-Suite entstanden nun zwischen 1965 und 1970 und wurden von Piazzollas Quintett 1970 im Teatro Regina in Buenos Aires in einer Streicherbesetzung mit Klavier, elektrischer Gitarre und Bandoneon uraufgeführt. Piazzolla verarbeitet in seiner Suite den Tango Nuevo mit Einflüssen von Strawinski, Hindemith und Bartok und weitet die Stimmführung durch eine Jazzharmonie aus. Vivaldi trifft Piazzolla hierzu nicht zuletzt mit dem russischen Komponisten und Arrangeur Leonid Desyatnikov, welcher das Werk des argentinischen Bandoneonisten für Solovioline und Orchester neu arrangierte. Schliesslich werden in einem geographischen Spiel, beispielsweise in „Verano Porteño“ (Buenos Aires´ Sommer), Bezüge zu Vivaldis Winter hörbar. So unterschiedlich die beiden Zyklen auch sein mögen: Sie laden dazu ein, mit uns an einem Abend ein Jahr zu verbringen.